Die Immanuel Diakonie Südthüringen feiert 150-jahriges Jubiläum
Eindrücke vom gemeinsamen Fest auf dem Röthof am 26. Mai und dem Jubiläumsakt am Samstag, den 27. Mai in der Stadtkirche St. Georg.
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Gemeinsamer Festabend auf dem Röthof
Auftakt der Jubiläumsfeier war ein Fest auf dem Röthof am 26. Mai, zu dem alle Mitarbeitenden, die Bewohnerinnen und Bewohner, Klientinnen und Klienten der Einrichtungen der Diakonie sowie alle Bürgerinnen und Bürger Schmalkaldens eingeladen waren. Rund 400 Leute kamen auf das weitläufige Gelände oberhalb der Stadt. Dieses alte Bauerngut beherbergt das Immanuel Therapiezentrum Röthof, eine Einrichtung der Suchtkrankenhilfe, und wird im Rahmen der Arbeitstherapie auch weiterhin öko-landwirtschaftlich genutzt. Die Gäste genossen einen sonnigen Abend mit abwechslungsreichen Klängen der Famberg-Musikanten, der Jazzband der Musikschule Schmalkalden und des Gitarristen Werner Hucks. Foodtrucks, Getränkestationen und der vom Röthof-Team betriebene Kaffee- und Kuchenstand boten ein reichhaltiges kulinarisches Angebot.
Festakt zum Jubiläum in der Stadtkirche St. Georg in Schmalkalden
Auftrag Nächstenliebe! Unter diesem Motto stand die Jubiläumsfeier am Samstag, 27. Mai 2023 in der Stadtkirche St. Georg. Die Reihen der Kirche im Zentrum der Altstadt waren gut besetzt. Wieder waren zahlreiche Mitarbeitende der Immanuel Diakonie Südthüringen sowie die von ihnen betreuten und begleiteten Menschen dabei. Nach einer kurzen filmischen Rückschau auf die 150-jährige Geschichte "Nächstenliebe - Jeden Tag" erinnerte Pastor Ralf-Peter Greif, Konzernbereichsleiter Seelsorge-Theologie-Ethik der Immanuel Albertinen Diakonie, in seinem Statement "In den Zeiten befangen und gefangen" an die Opfer der Euthanasie und der Judenverfolgung im Dritten Reich in unserer Einrichtung in Schmalkalden. Dass dieses Unrecht geschah und wer die Opfer waren, sollte am Tag des Jubiläumsfestes nicht verschwiegen werden.
Wie Gegenwart und Zukunft der Nächstenliebe aussehen und welche Herausforderungen sich hier auftun, machten Mitarbeitende der Fachbereiche Pflege, Behinderten- und Suchtkrankenhilfe sowie Geflüchtetenbetreuung in kurzen, eindrücklichen Beiträgen deutlich. Der überall bestehende Fachkräftemangel wirkt sich spürbar aus: Menschen, die eine Betreuung und Begleitung im Alltag benötigen, müssen auf ein passendes Angebot mittlerweile oft lange warten. In der Suchtkrankenhilfe und der Behindertenhilfe geht es darum, neu und zeitgemäß zu definieren, was Nächstenliebe ausmacht. Das Team der Geflüchtetenhilfe zeichnete einen Weg nach, wie aus dem Gefühl, keine Zukunft zu haben, die Gewissheit, eine gemeinsame Zukunft zu haben, werden kann.
Michael Noss, Präsident des Bundes Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden, setze als Gastredner für den kurzfristig verhinderten Staatsministers und Beauftragten der Bundesregierung für Ostdeutschland, Carsten Schneider, klare Akzente des Zuspruchs an die Mitarbeitenden der Immanuel Albertinen Diakonie und ergründete die Quellen von Motivation zur Erfüllung des Auftrages Nächstenliebe - auch in herausfordernden Zeiten.
Die erfolgreiche Arbeit der Immanuel Diakonie Südthüringen und die stete Erweiterung ihrer Hilfsangebote in den letzten Jahren ist auch der guten Vernetzung vor Ort zu verdanken. Der Bürgermeister der Stadt Schmalkalden Thomas Kaminski, und die stellvertretende Landrätin des Landkreises Schmalkalden-Meiningen, Susanne Reich, berichteten über die verlässliche, oft unkomplizierte und von gemeinsamem Gestaltungswillen geprägte Zusammenarbeit mit der Immanuel Diakonie Südthüringen und ihren Einrichtungen.
Der feierliche Rahmen des Jubiläums wurde auch für eine Staffelstabübergabe an die neue Geschäftsführung der Immanuel Diakonie Südthüringen genutzt. Der langjährige Geschäftsführer Lutz Reichardt geht im Juni in den Ruhestand und übergibt seine Funktion in die bewährten Hände von Alexandra Roth, der Fachbereichsleiterin Behindertenhilfe der Immanuel Diakonie Südthüringen, und Frank Lehmann, dem Verwaltungsleiter der Gesellschaft. Beide gaben zum Abschluss der Veranstaltung einen kurzen Ausblick, wie sie das Werk der Nächstenliebe fortsetzen wollen.
Für die musikalische Begleitung des Festakts sorgten der Gitarrist Werner Hucks und der Bezirkskantor Andreas Conrad.
Wir feiern 150 Jahre | Impressionen von festlichen Tagen
Das Südthüringer Regionalfernsehen hat unser Fest auf dem Röthof am 26. Mai und den Jubiläumsakt in der Stadtkirche St. Georg am 27. Mai begleitet.
Man soll die Feste feiern, wie sie fallen, sagt ein Sprichwort. Und auf dem Röthof oberhalb von Schmalkalden ist wahrlich schon so manches Fest gefeiert worden. Heute kommt man zu einer großen Geburtstagsfeier zusammen. Das Geburtstagskind blickt auf eine ebenso lange wie bewegte Geschichte zurück. Es ist die Emanuel Diakonie Südthüringen, für die vor 150 Jahren der Grundstein gelegt wird. Und die hier auf dem Röthof ein Therapiezentrum für Menschen mit Suchterkrankung betreibt.
Also für mich macht es viel aus. Ich bin ja wieder gesund geworden. Für mich ist das wie eine Familie hier oben.
Verschiedene Wohnformen, ein strukturierter Tagesablauf und spezielle Therapieangebote wie das therapeutische Reiten oder die Arbeitstherapie in der Landwirtschaft tragen auf dem Röthof dazu bei, suchtkranken Menschen den Weg in ein suchtmittelfreies und eigenverantwortliches Leben zu ebnen.
Mein Team und ich, wir versuchen den uns anvertrauten Menschen Halt zu geben, ihnen Mut zu machen, das Leben wieder in die eigenen Hände zu nehmen, einfach wieder neu anzugreifen. Selbstvertrauen entwickeln, trotz Suchterkrankung. Weil suchtkranke Menschen sind ja oft Menschen, die eigentlich eher am Rande der Gesellschaft stehen. Und wir versuchen sie wieder reinzuholen mit all diesen Projekten, die wir hier machen. Dazu gehört diese alltägliche Arbeit mit den Tieren. Tiere müssen 24-7 versorgt werden. Natürlich auch die ganzen Einzelgespräche, Gruppengesprächstherapien immer da sein. Für jeden, zu jeder Zeit.
In besten Händen, dem Leben zu Liebe, lautet der selbstformulierte Anspruch auf allen Tätigkeitsfeldern der Immanuel Diakonie Südtüringen. Denn neben der Suchtkrankenhilfe umfasst das Spektrum der Betreuung auch Angebote und Einrichtungen in der Pflege, in der Behindertenhilfe sowie für Geflüchtete. 150 Jahre Nächstenliebe, die feiert man nicht nur mit einem Fest auf dem Röthof, sondern tags darauf außerdem mit einem Festakt in der Schmalkalder Stadtkirche St. Georg, zu dem auch Vertreterinnen und Vertreter des Mutterkonzerns Immanuel Albertinen Diakonie anreisen. Ihren Anfang nimmt die Geschichte der heutigen Immanuel Diakonie Südthüringen 1873 in der Gründung einer privaten Pflegeeinrichtung für Kinder nahe Meiningen. Es ist Schneidermeister Johannes Saal, der mit seinem Mathildenstift den Grundstein der Diakonie legt.
Wir feiern 150 Jahre, dass Menschen Menschen helfen und zwar Menschen, die am Rande der Gesellschaft waren wieder in die Mitte der Gesellschaft gekommen sind und das aus christlicher Nächstenliebe heraus als Motivation. Und das ist klasse und das feiern wir heute hier und dafür sind wir sehr, sehr dankbar.
Das Entstandene zu bewahren ist sicher eine große Aufgabe in der Situation, der Mängel, die wir haben an Mitarbeitenden, an Finanzen und an Ressourcen. Und trotzdem geht es darum, nach vorne zu schauen, neue Akzente zu setzen und auch zu sehen, welche Aufgaben warten auf uns. Da sind heute eine Reihe von Stichworten gefallen.
Die Eingliederung von geflüchteten Menschen, da Perspektiven zu bieten, neue Wohnformen und auch Entfaltungsmöglichkeiten für Menschen mit Behinderungen zu finden, die traditionell doch sehr am Rand der Gesellschaft leben und viel mehr Teilhabe benötigen, weil das auch dem Leben zuliebe erforderlich ist. Also da gehen kleine Schritte, da gehen große Schritte und wichtig ist es, offen zu sein für das, was an Aufgaben auch entsteht, an Aufgaben, die wir vielleicht heute noch gar nicht kennen.
Der heutige Festakt ruft nicht nur Meilensteine in der Geschichte der Diakonie in Erinnerung oder lenkt den Blick auf Herausforderungen in Gegenwart und Zukunft, er thematisiert auch bewusst ein Kapitel dunkelster Zeit. Menschen, die unter dem Schutz christlicher Häuser stehen, werden im Nationalsozialismus Opfer von Zwangssterilisation, Deportation und Ermordung.
Wir haben recherchiert, dass wir auch in unserer Geschichte unserer Einrichtung, wo wir Menschen Obhut geben wollen, eben auch eingestehen müssen, dass sie im Zusammenhang auch des Nationalsozialismus Opfer dieses Terrors geworden sind und wir ihnen keinen Schutz bieten konnten. Und dazu gehören auch Bewohnerinnen und Bewohner unserer Einrichtung.
Und während der Festakt nachdenklich stimmt, liegt am Vorabend Leichtigkeit über dem Röthof. Obwohl die Zeichen auch auf Abschied stehen, weil mit Lutz Reichardt der langjährige Steuermann von Bord geht.
Ich habe immer gesagt, wir basteln nicht so sehr an unseren Schwächen rum persönlich, die halten wir bitte miteinander aus und fangen uns auf und sorgen dafür, dass jeder das macht, wo er richtig gut ist und was dann auch am meisten Spaß macht. Und das würde ich so sagen, das hat mich auch so ein bisschen geprägt. Wenn so ein Lachen ein Kriterium dafür ist, dass man sich versteht, dann haben wir uns schon auch ganz gut verstanden, nicht nur zusammengearbeitet. Und das finde ich auch so als eine schöne Sache, wenn man das mitkriegt, weil es nicht mehr normal ist, glaube ich.
Auf dem Weg, in die nächsten 150 Jahre die Geschicke der Immanuel Diakonie Südthüringen zumindest zeitweise zu lenken, wird nun Aufgabe einer Doppelspitze sein. Und wenn man an diesem stimmungsvollen Abend auf dem Röthof auch darauf anstößt, dann aus Rücksicht auf die hier lebenden Menschen ausschließlich alkoholfrei.
Das ist natürlich nochmal ein schöner Schritt. Ich meine, ich bin 18 Jahre schon dabei, die ganze Zeit die kaufmännische Leitung. Und es war nicht unbedingt so, dass das zu erwarten war, dass sowas kommt, weil wir sind ja hier auch kirchlich unterwegs und wir werden von einem Konzernen ja von Berlin, Hamburg kontrolliert. Und da ist es nicht selbstverständlich, dass dann jemand aus Thüringen dann auch die Geschäftsführung übernimmt, sondern es hätte ja auch durchaus sein können, dass von Hamburg, Berlin ein jungdynamischer Manager geschickt wird, der das macht.
Ich bin sehr, sehr dankbar. Seit einem Jahr arbeite ich bei der Immanuel Diakonie, konnte ein Jahr lang die Diakonie kennenlernen. Und ich bin sehr dankbar, dass ich gemeinsam mit dem Herrn Lehmann hier auch weiterarbeiten darf und dass ich die Arbeit der Generationen, die zuvor schon bei uns gearbeitet haben, auch in deren Sinne in der Weiterentwicklung fortführen darf.